Gemustert wie eine Fensterscheibe

Ich habe das Gefühl, dass dein Volontariat einer Fensterscheibe mit einer Rollo ähnlich sein wird. Das Licht scheint auf das Fenster in den Raum. Man sieht dunkle und helle Streifen am Fenster – es gibt sie beide, die hellen und die dunklen Seiten, sie liegen eng beieinander und dennoch ist der ganze Raum erfüllt vom Licht, das durch die Fensterscheibe dringt.

So in etwa hat mir eine Freundin einen Eindruck kurz vor meiner Abreise ins Volontariat mitgegeben.

In den letzten Tagen musste ich wieder verstärkt daran denken.

Es gibt so viele Momente, die so hell, strahlend, wärmend und wunderschön sind und gleichzeitig existieren auch Momente, die man vielleicht nicht unbedingt bevorzugen würde und auch ein bisschen Ausdauer, Geduld, oä. brauchen und sozusagen auch ein paar Schatten werfen (auch wenn sie das Licht nicht nehmen können!).

Von diesem Bild der Fensterscheibe möchte ich euch in diesem Blog ein bisschen berichten, aber natürlich auch allgemein, was sich gerade so tut.

Die letzte Zeit war viel von dem Gedanken „Abschluss“ geprägt. Abschluss in dem Sinn, dass das Schuljahr zu Ende ging, viele Prüfungen für die Kinder anstanden und teilweise auch die Frage nach der Notwendigkeit einer Wiederholungsprüfung. Gleichzeitig auch Ende einer „Volo-Familie“ hier in Ecuador, da meine Zimmerkollegin und ein anderer Mitvolontär mit Anfang Juli auf Reisen gingen und danach wieder nach Deutschland/Österreich abreisen werden und ebenso ist es auch mit meinen restlichen Mitvolontären, die jetzt schön langsam auf Reisen gehen. Somit hieß es für sie auch Abschied von den Kindern nehmen, da sie zwar im August nochmals kommen, aber das Oratorio nicht mehr offen hat. Auch gab es bereits die Abschiedsfeiern mit den Freunden von  hier und auch unter uns, weil sich ein Teil gegenseitig nicht mehr sehen wird.

Es war eine Zeit voller gemischter Gefühle. Es gab die Freude am Lernen mit den Kindern, vermehrte Zeit zum Spielen nach den Examenes, die guten Prüfungsergebnisse, das Herrichten des Oratoriums um es startklar für den Sommer und später ebenfalls für den Herbst zu machen. Genauso wie die Dankbarkeit für die gemeinsamen Momente mit meinen Mitvolontären, für alles, was sie gegeben haben, wo wir voneinander lernen konnten und was wir zusammen erlebt haben.

Aber natürlich existiert auch Traurigkeit, wenn ein Abschied bevorsteht. So gab es manche Tränen und lange Umarmungen – sowohl bei den Kindern, als auch unter den Volontären. Immerhin haben wir jetzt (aus meiner Sicht – die anderen ja teilweise noch länger) 5 Monate fast jeden Tag zusammen gearbeitet und unser Leben miteinander geteilt. Das kann schon ganz schön zusammenschweißen! 🙂

Ebenfalls gab/gibt es in der Fundación gerade ein paar Probleme mit dem…hmmm…so etwas wie Ministerium in Bezug auf die Lebensmittel, wodurch die Kinder nicht viel wie sonst zu Essen hatten. Da das Ministerium eine doch eher große Mitbestimmung und Einwirkung auf die Fundación hat, weil es sozusagen das Aufsichtsorgan und gleichzeitig ein Geldgeber ist, verlangt es auch gewisse Anforderungen zu erfüllen, was den Kauf und den Kaufort der Lebensmittel betrifft, welche jedoch momentan nicht zu erfüllen möglich waren. Mittlerweile hat sich die Lage wieder verbessert, ob das Problem jedoch gelöst ist, weiß ich nicht. Dennoch wird jetzt wieder für alle 3 Mahlzeiten gekocht. Das war ebenfalls so ein Schatten.

Aufgrund dessen haben wir uns abgeredet und noch mit den restlichen Spenden (herzliches Dankeschön nochmals an dieser Stelle!!), die von Ostern noch übrig waren, für alle Kinder einen Nudelsalat zum Abendessen gekocht. Das war umso mehr die Sonnenseite. Ich habe es schön gefunden, als wir Volontäre gemeinsam gekocht haben und ganz klar ist es auch wunderschön, wenn die Kinder 2x fragen, ob sie sich nachholen dürfen und bereits am nächsten Morgen in der Früh erneut fragen, ob es noch Reste gibt (dabei hatten wir schon Angst wegen dem vielen Gemüse, dass es nicht so gut ankommt 😛 ).

Ein weiterer Punkt in dieser Woche, der ein bisschen Schatten geworfen hat, war, dass mir alle meine Wertsachen gestohlen worden sind – mein Geldbörsel (und ich hatte frisch für das Monat abgehoben), mein Tagebuch, mein Handy und noch ein paar weitere Kleinigkeiten. Somit vielleicht für euch wichtig: Ich bin jetzt weder auf whatsapp noch auf telegram erreichbar!! Also nicht wundern, wenn ich mich nicht melde, das ist nicht, weil ich keine Zeit habe oder anderes, sondern weil ich es nicht mehr empfange. Einerseits war es von mir in Bezug auf den Diebstahl etwas unvorsichtig und gleichzeitig können solche Dinge auch einfach passieren. Hierbei ist mir auch wichtig zu erwähnen, dass das in Österreich genauso gut passieren hätte können und auch vorkommt, genauso wie vermutlich in jedem anderen Land auf der Welt. Ecuador ist deshalb nicht weniger oder mehr sicherer und weniger oder mehr gefährlicher. Das sind Dinge, die überall passieren können, nur klingt es meistens schlimmer, wenn es im Ausland passiert. Somit waren wir dann an unserem fast freien Nachmittag 2,5 h auf der Polizei, wobei sie hier sehr bemüht sind. Sie sind sofort mit ihren Motorrädern ausgefahren, haben die Videokameras nach Bildern überprüft und selbst für eine mögliche Handyortung sind eigene Polizisten gekommen, um mehr zu erfahren –> also wirklich sehr, sehr bemüht!! – und wer weiß, vielleicht findet sich ja mein Tagebuch doch noch wo.

Und um gleichzeitig den Lichtblick in dem Ganzen zu erwähnen: Ich hatte meine Mitvolontärinnen, die mir in all dem Schlamassel des Nachmittages geholfen haben und mich aufbauten und es war voll ermutigend, wie die Leute auch Anteil genommen haben, wie ich doch etwas fertig war. Außerdem hat mich die Tageslesung sehr bewegt, die ich am Morgen noch gelesen habe, wo es um die Opferung Isaaks ging. Das, was ich mir daraus mitgenommen habe, war die Frage, woran mein Herz hängt  und was eine Wichtigkeit im Leben hat…woran ist es auch wert zu hängen? Umso mehr hat mich die Situation dann zum Lächeln gebracht, als ich wieder daran dachte.  Im Moment ist es nicht angenehm, ärgerlich und traurig, aber wenn man darüber nachdenkt – im Endeffekt sind es fast alles Dinge, die ersetzbar sind und es gibt wichtigeres im Leben; so wie es Dinge gibt, an denen das Herz nicht festhängen sollte und es auch heißt in diesen Momenten Vergebung und Liebe zu leben und auf Gott zu schauen, der alles in den Händen hält und auf dem ich fest stehe.

Somit waren besonders die letzte Zeit von Momenten der engmiteinanderverbundenen Schatten-Licht-Linien geprägt, wovon ich aber trotzdem aus ganzem Herzen sagen kann, dass es eine wunderschöne Zeit mit unendlich vielen Lichtmomenten war! Ich bin unendlich dankbar für die Zeit hier und möchte keinen Tag missen!

Und ich glaube, dass gerade die letzte Zeit besonders gut durch das Bild beschrieben wird – Schatten und Licht liegen eng beieinander und dennoch ist der ganze Raum (so wie mein Herz) mit Licht er- und ausgefüllt!

Ich wünsche auch euch, dass ihr trotz den Schatten des Alltages, mindestens genauso viele Lichtstrahlen in eurem Leben sehen könnt und euer Herz ebenfalls mit Freude erfüllt ist – auch wenn es manchmal leichter und manchmal schwieriger geht!

Gott ist bei uns – und wenn er bei uns ist, wer kann gegen uns sein.

Er ist mein starker Fels, auf dem ich stehe, ich werde nicht wanken, ich stehe fest.

Er ist mein Hirte, ich fürchte mich nicht.

Die Freude am Herrn ist meine Kraft!

Un abrazo y saludos, eure Iris

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